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Artikel Purpose als Führungsaufgabe

Was Führungspersonen dazu beitragen können,
damit Mitarbeitende Sinn in ihrem Tun erleben.

Vielen Menschen reicht es nicht, dass ihre Arbeit finanzielle Sicherheit gibt, den Alltag strukturiert oder ein teures Hobby ermöglicht. Viele Beschäftigte wollen in der Arbeit einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen. Für Unternehmen ist das ein Glück, denn wenn MitarbeiterInnen ihren Sinn (auch) in der Arbeit finden, wirkt sich das nachweislich positiv auf ihre Leistungsbereitschaft aus. Je mehr Sinn MitarbeiterInnen empfinden, umso höher ist ihr Engagement – Sinn ist ein starker Schutzschild gegen Frust, Stress und Burnout.

Purpose Driven Leadership

Müssen Führungskräfte daher die ersten Sinnstifter im Unternehmen sein und es sich zur Aufgabe machen, immer wieder zu erklären, warum etwas getan werden soll? Ein klares Nein. Was Führungskräfte aber tun können: Rahmenbedingungen schaffen und durch ihr Handeln einen Beitrag zu leisten, dass MitarbeiterInnen Sinn in ihrem Tun erleben.
Hilfreich dafür ist, sich die wichtigsten Sinntreiber im Job (wie im Leben überhaupt) anzusehen, die vom Organisationspsychologen Nico Rose entwickelt wurden:
(Selbst-)Wirksamkeit: Je mehr wir bewegen können, desto mehr Sinn erleben wir. Ohne die Überzeugung, die Dinge aus eigener Kraft positiv beeinflussen zu können, kommt kein Sinngefühl zustande. MitarbeiterInnen in Entscheidungen einzubeziehen oder selbst entscheiden zu lassen, selbstbestimmt arbeiten zu lassen, kein kontrollierendes Micro-Management zu betreiben, sind hierfür wichtige Zutaten. Das Prinzip des „Job Crafting“ kann ein hilfreiches Instrument für mehr Selbstwirksamkeit sein. Dabei werden Mitarbeitende von ihren Führungskräften ermutigt, ihr Rollen- und Aufgabenspektrum proaktiv weiterzuentwickeln, um langsam den Job, den sie aktuell haben in jenen zu verändern, den sie gerne hätten.
Das große Ganze: Um Sinn in der Arbeit empfinden zu können, müssen MitarbeiterInnen verstehen, welche Bedeutung ihre Arbeit im Gesamtzusammenhang hat. Und dabei macht es einen großen Unterschied, ob sie es „nur“ wissen oder selbst erleben. Der sinnstiftende Effekt ist im letzten Fall deutlich höher, wie in einer experimentellen Studie des amerikanischen Psychologen Adam Grant herausgefunden wurde: MitarbeiterInnen eines Call Centers, die Spenden für Universitätsstipendien sammeln sollten, wurden in drei Gruppen geteilt. Eine Gruppe erhielt Besuch von einem Stipendiaten, der erzählte, wie sehr er von seinem Stipendium profitiert hatte. Eine zweite Gruppe bekam ein Dankesschreiben eines Stipendiaten und eine dritte Gruppe bekam weder Besuch noch Brief. Das Ergebnis: Einen Monat später führten die MitarbeiterInnen der ersten Gruppe signifikant mehr Telefonate und nahmen deutlich mehr Spenden ein als die beiden anderen Gruppen.
Es macht also Sinn, MitarbeiterInnen im Arbeitsalltag die Möglichkeit zu geben, möglichst oft direkt zu erleben, was sie bewirken können.
Selbstwerdung: Je besser MitarbeiterInnen im Job ihre Stärken einsetzen können, umso mehr haben sie das Gefühl, ihrem „wahren Selbst“ ganz nah zu sein. Sind die eigenen Interessen und Stärken gefragt, erhöht sich das Erleben von Sinnhaftigkeit. Stärkenorientierte (Selbst-)Führung erfordert naturgemäß ein hohes Maß an Bewusstsein um die eigenen Stärken bzw. jene der Mitarbeitenden. Deshalb muss sich eine Führungskraft, die Sinn stiften will, mit jedem einzelnen Mitarbeitenden beschäftigen.
Zugehörigkeit: Hier geht es einerseits um die Qualität der persönlichen Beziehungen mit den ArbeitskollegInnen – was bezogen auf das Sinnerleben heißt: Je mehr ich die KollegInnen schätze/mag, umso mehr Sinn erlebe ich in der Arbeit. Andererseits geht es um die Identifikation mit der Organisation an sich – je höher die Übereinstimmung zwischen meinen und den Werten des Unternehmens ist, umso sinnvoller erlebe ich es, hier zu arbeiten. In beiden Fällen können Führungskräfte ihre Beiträge leisten – indem sie ein gutes soziales Miteinander ermöglichen und indem sie die Werte/den Purpose des Unternehmens thematisieren, um das Gefühl der Zugehörigkeit potenziell zu erhöhen.
Als Führungskraft zu einem SINNvollen Arbeitsleben beizutragen, braucht das Bewusstsein, lebendige Menschen auf ihrem beruflichen Weg zu führen. Menschen bewegen Menschen. Menschen werden beflügelt von dem, was sie miteinander und für andere tun.
Purpose Driven Leadership bedeutet, das Bedürfnis nach menschlichem Sinn mit den Markterfordernissen in Einklang zu bringen.

Sigrid Waser-Wagner, CONEVO